Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 23.01.2019, AZ: 17 K 4618/18
Das Verwaltungsgericht Hamburg hat ein im Lichte der bisherigen Rechtssprechung zum Approbationsrecht überraschendes Urteil gefällt.
Die Klage eines Hamburger Chefarztes gegen den Widerruf seiner ärztlichen Aprobation war erfolgreich.
Bereits im Februar 2018 hatte die Approbationsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg die Aprobation eines langjährigen Chefarztes der kardiologischen Abteilung eines Hamburger Krankenhauses widerrufen.
Dieser Chefarzt hatte in eigenem Namen im Rahmen seiner Ambulanz Leistungen über vier Jahre zur Abrechnung gebracht, die er nicht selbst, sondern an nachgeordnete Ärzte aus seinem Team deligiert hatte. In Folge dessen kam es zu einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, welches zur Vermeidung eines öffentlichen Prozesses mit der Akzeptanz eines Strafbefehls endete. Der Chefarzt wurde damit ohne eine öffentliche Hauptverhandlung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung und zu einer Geldbuße in Höhe von 100.000,00 € verurteilt. Die Hamburger Ärztekammer prüfte den Fall unter berufsrechtlichen Aspekten, verhängte jedoch keine weiteren Saktionen. Regelmäßig kommt es nach dem Abschluss eines Strafverfahrens und eines kammerrechtlichen Verfahrens bei schwerwiegendem ärztlichen Fehlverhalten auch zu einem aprobationsrechtlichen Verfahren. Die hier zuständige Hamburger Approbationsbehörde hatte dem betroffenen Chefarzt kurzerhand seine ärztliche Approbation widerrufen. Begründet wurde dies damit, dass der Abrechnungsbetrug, der durch den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Hamburg nachgewiesen worden sei, ein Ärzte unwürdiges Verhalten begründe, da dies systematisch über viele Jahre hinweg geschehen sei. In der Presse erregte der Fall großes Aufsehen, das Vorgehen der Approbationsbehörde wurde scharf kritisiert.
Die dagegen erhobene Klage des Chefarztes vor dem Verwaltungsgericht Hamburg war überraschend erfolgreich. Grund dafür war sicherlich auch, dass sich der Chefarzt in den anderen Verfahren kooperativ gezeigt hatte und den Schaden gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg beglichen hatte. Entscheidungserheblich war jedoch, dass der hier betroffene kardiologische Chefarzt nicht aus bloßem Gewinnstreben gehandelt habe, es habe sich auch kein gewissenloser Umgang mit den Geldern der gesetzlichen Krankenkassen gezeigt. Insbesondere habe der Chefarzt bei dem Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung weniger schwerwiegend gehandelt, da hier nur Routineaufgaben rechtswidrig an untergeordnete Ärzte deligiert wurden seien, nicht hingegen ärztliche Hauptleistungen. Das ein Chefarzt in größerer Form im Klinikalltag Routineaufgaben deligiere, mindere im Ergebnis die Vorwerfbarkeit seines rechtswidrigen Handelns.
Dieses Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg überrascht insbesondere deshalb, da es bei einem nachgewiesenen Abrechnungsbetrug im Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit geradezu regelhaft zu einem Widerruf der Approbation kam, welcher auch durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit bestätigt wurde.
Das Urteil des Verwaltungsgericht Hamburg hat somit hoffentlich wegweisenden Charakter dahingehend, dass die zuständigen Aprobationsbehörden bei dem Vorwurf von ärztlichem Fehlverhalten eine genauere Differenzierung vornehmen werden.
Da jedoch auch zukünftig damit gerechnet werden muss, dass die Approbationsbehörden dieser Republik bei dem Vorwurf eines Abrechnungsbetruges weiterhin geradezu automatisch die Aprobation des betroffenen Arztes widerrufen, sollten bereits in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sämtliche entlastende Aspekte bereits dort zur Sprache gebracht werden.
Verstöße gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung sind häufig Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungsverfahren gegen Ärzte.